Das neue Jahr begann mit einem Paukenschlag. Der Marathonläufer aus Düren - Peter Borsdorff - hat uns eine liebe E-Mail geschickt, in der er uns angeboten hat, einen Sommerurlaub für uns zu  bezahlen und kam direkt zu Beginn des Jahres mit einem großzügigen Scheck!  Da es mit Lilis Gesundheit nach dem künstlichen Darmausgang in Verbindung mit der Immunsuppressiontherapie steil bergauf ging und sie durch das im Oktober angetretene Rehaprogramm recht fit war, haben wir glücklich mit der Planung eines letzten Sommerfamilienurlaubs nach Berts Abi begonnen. Es sollte Sardinien werden, weil wir verschiedene Faktoren unter einen Hut bringen sollten: Ein Land, in dem wir mit unseren Fremsprachenkenntnissen einigermaßen klar kommen und das ein sehr gut funktionierendes Gesundheitssystem hat, in dem uns auch der Niemann Pick-Experte bekannt ist, insbesondere ein Land, in dem gewährleistet ist, dass Lili in einem warmen Meer baden kann, wo man mit dem Auto hinkommt (Gepäck!), wo Papa und Bert vielleicht sogar auch surfen können, gerne in einem Flachwasserbereich (wegen Mamas Nerven) und in dem wir ein Erdgeschossappartment mieten können.

Doch vor dem Urlaub war zunächst "Der Tag der Seltenen Erkrankungen", der für uns dieses Jahr in Düsseldorf stattfand. Professor vom Dahl, der mittlerweile in der Uniklinik Düsseldorf tätig ist, hat ihn wieder organisiert. Wir waren mit einem Niemann Pick-Stand vertreten und haben uns gefreut, dass uns Herr Nachtigäller von der Achse dort besucht hat.

 

Davor hatte ich noch die große Gelegenheit bei einem von der Achse ausgerichteten parlamentarischen Abend über unsere besondere Situation mit einer Niemann Pick-Erkrankung zu sprechen. Insbesondere über die diagnostischen Herausforderungen in Bezug auf Niemann Pick. Achse aktuell hat über den Abend berichtet:

Bis zu unserem Urlaub verlief das Jahr eigentlich erstaunlich ruhig. Die Wochen sind zwar total vollgestopft, weil wir immer noch viel zu viele Termine haben und auch beide sehr viel arbeiten, aber immerhin hat sich Lilis Pflegesituation durch den künstlichen Darmausgang sehr entspannt. Es ist deutlich weniger Pflegeaufwand, sie hat keine Schmerzen mehr und insgesamt hat sich dadurch ihr ganzer Zustand sehr stabilisiert. Alle 3-4 Wochen bekommt Lili ihre Immunsuppression, die wir abwechselnd in Bonn und Münster wahrnehmen. Das ist immer sehr aufwändig. Mit Voruntersuchungen und Durchlauf der Infusion gehen da locker fünf Stunden um - in Münster kommen da dann noch mal ca. 4-5 Stunden Fahrzeit dazu.

 

Ein großer Aufreger waren zittrige Momente wegen Berts Abiturprüfung. Er hat es gemeistert und wir sind stolz zu dem Abiball gegangen! Zu der Zeugnisvergabe ist sogar Gurke angereist. Lili hatte am Abend des Abiballs einen lustigen Abend mit ihrer Betreuerin Merle. Ich glaube, ihr Abend war genauso schön wie unserer :-) Nach dem Sommer hat Bert ein FSJ im Goethe-Institut Bonn begonnen. Er ist für die Freizeitgestaltung und Begleitung der ausländischen Studenten zuständig. Das ist genau das richtige für ihn. Zusätzlich zu diesem coolen Job hat er auch noch ein kleines Zimmer in einem Bonner Studentenwohnheim, sozusagen ein "Auszug light".

 

 

 

 

Wir versuchen immer uns und Lili noch so ein bisschen sportlich zu betätigen, in eingeschränktem Rahmen ist das auch möglich. Was wirklich gut klappt, sind Ausflüge, bei denen Michael und ich Inliner fahren und Bert sein Skate- oder Longboard mitnimmt. Das ist richtig super! So ähnlich wie früher mit dem Tandem, hat Lili hier das Gefühl von Schnelligkeit und bekommt viele Eindrücke. Sie findet das sehr lustig, insbesondere, wenn Papa ständig Quatsch dabei macht :-)

Der "Walker" wurde uns bei dem Rehaprogramm verschrieben und ist bisher das genialste Hilfsmittel, das wir bekommen haben. Das Programm ist so ausgelegt, dass man das Galileo-Gerät ein halbes Jahr zuhause hat und dann ein halbes Jahr aussetzt. Seit Juni sind wir in der Aussetz-Phase und prompt hat sich Lilis Motorik stark verschlechtert leider!!! Deshalb sind wir froh über den Gehtrainer, den wir auch regelmäßig nutzen. Letztes Jahr konnte sie noch unsere Einkäufe auf dem Markt im Rolli nach Hause schieben - ca. 30 Minuten schieben hat sie locker weggesteckt. Das ist zur Zeit leider nicht mehr möglich. 10 Minuten Gehtrainer sind ein Kraftakt. Aber immerhin kann sie überhaupt noch gestützt gehen.

Die Verschlechterung der Motorik hat uns leider auch bei unserem Sommerurlaub große Probleme bereitet. Sardinien ist eine traumhafte Insel, die alles bietet, was man zur Erholung braucht. Die Italiener sind ein extrem nettes und hilfsbereites Volk mit allem was Leib und Seele begehrt. Leider hatte sich die Lauffähigkeit von Lili seit wir unseren Urlaub gebucht hatten, stark verschlechtert. Der Weg zum Strand stellte sie vor eine große Herausforderung. Aber zum Glück gab es "Antonello". Die Mitarbeiter der Ferienanlage hatten gesehen, wie wir mit unserem Rollstuhl zu kämpfen hatten und haben Lili ein eigenes kostenloses Strandshuttle angeboten. Sie wurde täglich mit einem Pick-up nach vereinbarter Zeit zum Strand gefahren und wieder abgeholt - mit Papa auf der Ladefläche.

 

  

Genau passend zu den Sommerferien wurde dann auch endlich Lilis durch Peter Borsdorff gespendeter Spezial-Schlaf-Beschulbarkeits-Schulrolli geliefert:DANKE NOCHMAL LIEBER PETER BORSDORFF!!!!

 

Es ist schlimm zuzusehen, wie der Abbau jetzt doch im Moment weiter fortschreitet. Die Motorik macht uns große Sorgen; wenn Sie gesessen hat, braucht Lili eine kleine Ewigkeit, bis sie wieder aufrecht ist und loslaufen kann. Wir nennen sie neuerdings "schiefer Turm von Pisa". Aus diesem Grund haben wir einem großen Event entgegengefiebert. Das alle zwei Jahre stattfindende Meeting der International Disease Alliance wurde dieses Jahr von der Deutschen und der Schweizer Selbsthilfegruppe ausgerichtet. Es war mal wieder ein Wochenende, das uns sehr viel Kraft und Hoffnung gibt. Nicht nur der Austausch mit betroffenen Eltern aus der ganzen Welt (Argentinien, Australien, Amerika, Brasilien, China, Frankreich, Italien, Kanada, Norwegen und UK), sondern auch mit internationalen Forschern, Ärzten und vier Pharmakonzernen war überwältigend. Es war wieder unvorstellbar, wie nah man sich auf solchen Treffen ist, und dass es möglich ist, mit renommierten Spezialisten auf Augenhöhe zu reden und einfach alle Fragen stellen zu können, die man hat. Das Beste: Es gibt Hoffnung - am Dienstag (27.10.) tagt in Münster die Ethikkommission. Dann wird entschieden, ob die klinische Studie, die international in den USA und in ausgewählten europäischen Ländern, durchgeführt werden soll, in Münster stattfinden wird. Das sind großartige Neuigkeiten. Wir sind ganz nah dran an der Erfüllung unserer großen Hoffnung, die bei dem Ara Parseghian-Meeting im Jahr 2011 begonnen hat - eine Behandlung mit Cyclodextrin, die das Fortschreiten der Erkrankung zumindest verlangsamen oder vielleicht sogar stoppen (?) könnte, ist in greifbare Nähe gerückt. Das können wir kaum glauben!!!!!!